Archiv der Kategorie: Selbst-Bewusstsein

Dein inneres Team

Du kennst vielleicht folgende Situation: Es ist Samstag Vormittag, schönes Wetter, 25 Grad. Ideale Bedingungen, um entweder einen Fahrradausflug mit der Familie zu machen, den Rasen zu mähen oder sich mit einem guten Buch auf die Terrasse zu legen.

Was nun? Drei Alternativen, wahrscheinlich ließen sich auch noch mehr finden bei dem Wetter, doch wofür entscheiden? Vermutlich „hörst“ Du nun unterschiedliche Botschaften in Deinem Inneren:

  • „Du solltest mal wieder etwas mit der Familie tun, wo du doch die ganze Woche über erst abends nach Hause kommst.“
  • „Der Rasen ist schon so hoch, das wird immer mühsamer, mit dem Mäher da durch zu kommen. Und die Nachbarn schauen auch schon so komisch.“
  • „Mal wieder so richtig „abtauchen“ in einen packenden Roman, das wäre was!“

Gerade so, als wenn da im Inneren verschiedene Leute sitzen, von denen jeder eine andere Meinung hat, was nun das Richtige wäre. Jeder mit einer anderen Idee. Und dabei hat jeder ja irgendwie recht!

  • Die Familie ist tatsächlich in letzter Zeit etwas kurz gekommen. Und außerdem täte ein wenig Bewegung sowieso mal wieder gut.
  • Eigentlich möchte ich auch, dass der Garten gut aussieht und bei den Nachbarn will ich ja auch nicht schlecht da stehen. Und der Mäher mäht halt auch nur bis zu einer bestimmten Grashöhe ordentlich, danach wird´s mühsam.
  • Meinem Geist sollte ich auch mal eine neue Anregung geben, da wäre so ein Romanklassiker ideal.
Jetzt bin ich wirklich neugierig, wer stärker ist, ich oder ich. 
Johann Nestroy

Mindestens drei Stimmen also, die jede für sich nur das Beste für Dich wollen. So ist es tatsächlich. Da wir in für die verschiedenen Bereiche unseres Lebens jeweils Bedürfnisse haben, kommt es vor, dass diese zeitgleich zu Tage treten. Und die Bedürfnisse melden sich als innere Stimmen mit ihren jeweiligen Botschaften. An Dir ist es nun, dieses Stimmenwirrwarr zu bändigen, denn Du willst oder musst Dich ja für eine der Alternativen entscheiden.

Wenn Du genau auf die Botschaften hörst, dann wirst Du feststellen, dass jede einer bestimmten Persönlichkeitsströmung oder auch einem Persönlichkeitsanteil in Dir entspringt. Nehmen wir dazu aus dem obigen Beispiel die erste Alternative: Fahrradausflug. Welcher Anteil in Dir sagt: „Mach das!“? Das kann z.B. der harmoniebedürftige Anteil in Dir sein. Wenn Du wieder nichts mit der Familie unternimmst, dann ist es mit dem Familienfrieden bald vorbei. Gleichzeitig könnte auch der fürsorgliche Part wollen, dass Du Dich um Deine Kinder kümmerst, damit aus diesen fröhliche und selbstbewusste Erwachsene werden. Und außerdem solidarisiert sich da noch der gesundheitsbewusste Anteil, der Dir dringend zu körperlicher Betätigung rät.

Bei der zweiten Alternative, Rasen mähen, kommt entweder Dein ästhetischer oder Dein Ordnungssinn durch. Unterstützt wird dieser, mit Hinweis auf die Nachbarn, durch das Bedürfnis, Anerkennung zu bekommen oder Ansehen zu bewahren. Und die Furcht, dass der Rasenmäher das nicht mehr schafft rührt vielleicht aus einer Bequemlichkeitshaltung: Wenn schon Rasen mähen, dann aber bitte schön einfach und ohne große Anstrengung. Zur dritten Alternative (Roman) fällt Dir bestimmt selbst etwas ein.

Jeder Mensch ist eine kleine Gesellschaft. 
Novalis

Verschiedene psychologische Theorien haben sich bereits mit diesem Thema der unterschiedlichen Stimmen, Anteile oder Persönlichkeitsmerkmale beschäftigt. Mir persönlich gefällt dabei das Modell des „inneren Teams“ nach Friedemann Schulz von Thun am besten. Dabei können wir uns die einzelnen Stimmen tatsächlich von unterschiedlichen Teammitgliedern stammend vorstellen. Jedes Mitglied des inneren Teams ist verantwortlich dafür, bestimmte Dinge für uns durchzusetzen, die uns als Gesamtperson gut tun. So ist im obigen Beispiel z.B. der „Harmoniebedürftige“ im Team ausschließlich dazu da, Harmonie zwischen uns und den Leuten um uns herzustellen und zu bewahren. Dies tut er mit Vehemenz und meldet sich dementsprechend immer dann zu Wort, wenn die Harmonie bedroht erscheint. Oder der „Fürsorgliche“ – er sagt unter anderem: „Kümmere Dich um Deine Kinder, Sie brauchen Dich!“ und appelliert an unser Verantwortungsbewusstsein als erwachsener Mensch.

Woher kommen nun diese unterschiedlichen Persönlichkeitsanteile, warum gibt es dieses „Innere Team“?

Woher kommt Gesundheit?

„Bleib‘ gesund.“ – Kaum ein Satz fällt in diesen Tagen von „Corona“ öfter. Doch was heißt „gesund“?

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat dazu schon 1948 definiert:

"Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheiten und Gebrechen."

Und die Frage, die sich nicht nur bei der Ernährung stellt, lautet: „Was ist gesund, was hält gesund, was macht gesund?“

In der Regel wird heutzutage danach geforscht, was Krankheiten verursacht. Hier soll es hingegen darum gehen, was die Gesundheit erhält. Klar brauche ich auch Orientierung, was ich besser vermeide, damit ich nicht krank werde. Aber was kann ich aktiv tun, um meine Gesundheit zu fördern? Der Medizinsoziologe Aaron Antonovsky (1923–1994) hat in den 1970er Jahren den Begriff der „Salutogenese“ als Gegenbegriff zur Pathogenese entwickelt. Er bedeutet soviel wie „Gesundheitsentstehung“. Nach dem Salutogenese-Modell ist Gesundheit kein Zustand, sondern muss als Prozess verstanden werden. So gibt es Faktoren im Lebenswandel, die eine direkte Wirkung auf unsere Gesundheit haben.

Gesundheit ist weniger ein Zustand als eine Haltung. Und sie gedeiht mit der Freude an Leben. 

Thomas von Aquin (1224-1274 - Philosoph und Dominikanerpater) 

Weiterlesen:
Gesundheitliche Schutzfaktoren – Der Begriff der Salutogenese

Sich Ziele setzen und erreichen – aber wie?

„Domine, quo vadis?“ („Wohin gehst Du, Herr.“) soll der Apostel Paulus auf der Via Appia bei Rom Christus gefragt haben. Im Alltag wird die Phrase quo vadis oft im Sinne von  „Wie soll das weitergehen?” verwendet. In beiden Fällen lässt sich auch die Frage stellen: „Was ist Dein Ziel?“.  – Wann hast Du Dir diese Frage zuletzt gestellt?

Im Leben bestimmte Dinge erreichen, Erfolg haben, mit sich zufrieden sein, das möchte wohl jeder von uns. Oft sind es eher vage Vorstellungen vom „Endprodukt“. Manchmal sind es mehr Wünsche als Ziele. Ab und zu möchten wir auch, dass jemand anderes etwas für uns tut oder sich in einer bestimmten Weise verhält. Bisweilen erreichen wir etwas und sind am Ende gar nicht so glücklich, wie wir es vorher glaubten, weil sich vielleicht ein unerwarteter Nebeneffekt ergeben hat oder es sich nun ganz anders als gedacht „anfühlt“.

Es macht einen Unterschied, ob Du sagst: „Später will ich mal reich sein.“ oder ob Du sagst: „Mit 45 will ich 250.000 Euro auf dem Konto haben, die ich mit eigener Arbeit verdient habe.“.  Welcher Satz wird Dich wohl eher anspornen, einen Job zu finden, mit dem Du gutes Geld verdienst? Natürlich weißt Du in beiden Fällen nicht, ob das Ereignis tatsächlich so eintritt. Vielleicht hast Du das Geld ja auch schon früher zusammen… Und vielleicht fühlst Du Dich mit 250.000 Euro auch nicht wirklich reich.

Tatsache ist jedoch, dass wir eine Gewissheit brauchen, wann wir am Ziel angekommen sind. Dein Navigationssystem im Auto braucht eine Zieleingabe, um Dir die Route zu soufflieren, und es sagt Dir am Ende so etwas wie „Sie haben Ihr Ziel erreicht.“.

Bei der Formulierung von Zielen hat es sich bewährt, sich bestimmte Fragen zu beantworten:

  • Was genau will ich erreichen?
  • Wann, wo und mit wem will ich es erreichen?
  • Woran erkenne ich, dass ich mein Ziel erreicht habe?
  • Habe ich es selbst in der Hand oder bin ich dabei von irgendjemand oder irgendetwas abhängig?
  • Ist es realistisch, dass ich das schaffe?

Zwei weitere Fragen kommen noch hinzu:

  • Wozu will ich das erreichen?
  • Welche Konsequenzen hat das eventuell, wenn ich mein Ziel erreiche?

Probiere es aus! Nimm einen langgehegten Wunsch und „checke“ diesen mit den obigen Fragen. Wie genau gelingt es Dir, das zu formulieren, was Du willst? Was sind die Kriterien, an denen Du erkennen kannst: „Ziel erreicht!“? Und was ist eigentlich der Nutzen daran, wenn Du es dann geschafft hast?

Ich will…

Machen wir es noch konkreter an einem Beispiel. Jemand sagt vielleicht: „Ich will selbstsicherer werden.“. Fragen wir ihn (oder sie): In welchen Situationen möchtest Du diese Selbstsicherheit haben?, kommt vielleicht als Antwort: „Wenn ich in meinem Beruf vor Leuten reden muss.“ Nun wissen wir schon, dass es nicht um Selbstsicherheit im Allgemeinen geht (die er oder sie vielleicht sogar hat), sondern dass es bestimmte Anlässe betrifft. Fragen wir weiter: „Woran würdest Du erkennen, dass Du selbstsicher bist?. Mögliche Antwort: „Daran, dass ich mich locker fühle, mein Atem ruhig ist und dass mir zur rechten Zeit die richtigen Worte einfallen.“ Aha. Nun können wir uns, vor allem aber derjenige selbst, einen Menschen vorstellen, der diese Eigenschaften hat und sich daher als selbstsicher bezeichnet. Auf die anschließende Frage „Was verhindert denn heute, dass Du so nicht bist? folgt eventuell die Antwort: „Ich habe Angst, einen Fehler zu machen oder nur Blödsinn zu erzählen.“. Hier lohnt oft die Frage, was denn dann im schlimmsten Fall passieren würde. Überraschenderweise sind die Befürchtungen oft gar nicht so groß, wenn sie erst einmal ausgesprochen sind. Nun zur Frage, wozu es denn gut für denjenigen ist, in den genannten Situationen selbstsicher aufzutreten. Dahinter steckt die eigentliche Motivation für das Erreichen des Ziels. Das kann in diesem Falle der Wunsch sein, auf der Karriereleiter etwas höher zu steigen oder aber, seinen Job abzusichern, weil es dort dazu gehört, vor anderen zu reden.

Mach‘ den „Öko-Check“!

Oft gibt es noch unbewusste „Störer“ die das Erreichen eines Ziels sabotieren. Fragen wir also: „Was könnten denn für unangenehme Konsequenzen drohen, selbstsicher zu sein?“ „Nun ja,“, kommt es in diesem Beispiel, „meine Kollegen könnten mich für arrogant halten.“ Hier schlägt der sogenannte „Ökologie-Check“ fehl. Ein Teil der Persönlichkeit fürchtet hier offenbar, die Harmonie mit den Kollegen aufs Spiel zu setzen. Der Glaubenssatz „selbstsicher zu sein wirkt arrogant“ wäre hier wohl noch zu bearbeiten. Doch lässt sich nun das Ziel konkreter als oben formulieren.

Wichtig sind noch zwei Merkmale des Zielsatzes, die diesem die Wirkung einer „Suggestion“geben: Zum einen muss der Zielsatz positiv formuliert sein. Also: Statt „Ich möchte nicht mehr…“ besser: „Ich will…“. Zum anderen sollte das Ziel in der Gegenwartsform aufgeschrieben werden und die Merkmale enthalten, die überprüfen lassen, ob das Ziel erreicht ist.

Aus „Ich will selbstsicherer werden.“ könnte nun also werden: „Wenn ich in meinem Beruf vor Menschen rede, bin ich locker, atme ruhig und gleichmäßig und wähle meine Worte ganz bewusst.“

Ist damit alles getan? Sicher nicht. Allein dadurch, dass ich diesen Satz wie eine Affirmation vor mir her trage, wird sich nicht viel ändern, besonders dann nicht, wenn ich wiederholt das Gegenteil erlebe. Ich kann jedoch nun gezielt an Maßnahmen arbeiten, um den beschriebenen Zustand zu erreichen: zum Beispiel ein Atem- und Stimmtraining an der Volkshochschule besuchen. Oder autogenes Training lernen. Oder ich kann mich vor solchen Situationen noch konkreter fachlich vorbereiten, was zusätzliche Sicherheit gibt.